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Sulfite

Wein ohne Sulfite

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Sprungbrett

Den Schriftzug ‚Enthält Sulfite‘ hat wohl jeder schon einmal auf einer Weinflasche gesehen. So stellt man sich natürlich einige Fragen. Welche Aufgabe haben Sulfite in einer Weinflasche? Wie kommen die Sulfite in den Wein? Sind Sulfite nicht gesundheitsgefährdend Und wie ist die Situation von Schwefel in Naturweinen, welche doch eigentlich ohne Zusätze ausgebaut werden? Viele Fragen zum Thema, wir beantworten sie euch!

Achtung! In diesem Artikel behandeln wir die Begriffe Sulfite, Schwefel, schweflige Säure oder SO2 als Synonyme.

Wie kommen Sulfite in den Wein?

Zunächst müssen wir feststellen, dass es Weine ohne Sulfite so nicht gibt – bzw. nur sehr selten. Grund dafür sind die Hefen, welche während der Gärung eine gewisse Menge SO2 auf natürlichem Wege als Nebenprodukt entstehen lassen. Dies geschieht in der Regel bei jedem Wein, egal ob konventionell oder biologisch erzeugt, mit oder ohne zugesetzter Hefe. In der Regel sind die durch die Hefe entstandenen Schwefelmengenmit einem Wert von etwa 20 mg/L jedoch relativ gering. Vielen Winzer*innen, vor allem konventionellen, reicht diese Menge nicht aus und geben dem Wein noch einmal bis zu 150 mg/L Schwefel hinzu. Dies geschieht meist in flüssiger Form über spezielle Druckflaschen, aber auch in Tablettenform oder früher häufig durch das Abbrennen von speziellem Schwefelpapier.

Welche Wirkung haben Sulfite im Wein?

Schwefel wird in der Weinbereitung vor allem zur Verhinderung der Oxidation sowie zum Schutz vor mikrobiellem Befall eingesetzt. So bindet Schwefel den von außen einwirkenden Sauerstoff ab und schützt dadurch den Wein vor der Oxidation. Der Wein wird somit aktiv vor seiner Entwicklung zu Essig geschützt. Außerdem hemmt SO2 das Wachstum diverser Hefen und Bakterien. Einige entwickeln sich durch schlechte Kellerhygiene oder befallenes Lesegut. Es können dann ohne SO2-Zugabe unangenehme Fehltöne auftreten. 

Dennoch fragt man sich natürlich, warum überhaupt Schwefel dem Wein nochmals zugesetzt wird. Bilden die Hefen doch auf natürlichem Wege bereits eine gewisse Menge Sulfite. Wie oben angedeutet, ist die erforderliche Menge an SO2 zur Abbindung von Sauerstoff, Acetaldehyd, Hefen oder Bakterien bei schechter Traubenqualität und mangelnder Kellerhygiene relativ hoch. Winzer*innen müssen dann mit SO2-Zugabe eingreifen, um die Bildung von Fehltönen und Acetaldehyd zu minimieren.

Allerdings wird den Weinen im konventionellen Weinbau meist maßlos über den eigentlichen Bedarf hinaus schwefelige Säure zugesetzt. Vor allem in Deutschland besteht ein gewisser Reinlichkeitsgedanke, der viele Winzer*innen zu hohen Schwefel-Dosagen verleitet. Die Weine verändern nachweislich ihre Komplexität und Aromatik zum Negativen. Konsumiert man über einen längeren Zeitraum ausschließlich Naturwein ohne zugesetzten Schwefel, so fällt es vielen schwer, wieder konventionelle Weine zu trinken. Hauptgrund dafür ist meist der nun unangenehm empfundene, stechende Schwefelgeruch.

Dürfen Sulfite überhaupt im Wein sein?

Innerhalb der EU muss auf einer Flasche Wein der Deklerationshinweis ‚Enthält Sulfite‘ ab einem Gehalt von 10 mg/L SO2 aufgebracht sein. Wie bereits erwähnt, produzieren Hefen während der Gärung ebenfalls Schwefel. Nicht selten liegt der natürlich entstandene Teil deutlich über der 10 mg/L Grenze. Dennoch müssen die Winzer*innen dann, auch ohne SO2-Zugabe, den Deklerationshinweis aufbringen. Viele verwenden daher zur klareren Orientierung für den Konsumenten den erweiterten Schriftzug ‚Enthält keine zugesetzten Sulfite‘.

Außerdem gibt es von der EU vorgegebene Höchstgrenzen für die Verwendung von SO2 in der Weinbereitung. Demnach wurden je nach Anbauart und Weinart unterschiedliche Höchstgrenzen festgelegt. So liegt der Grenzwert für konventionellen trockenen Rotwein bei 150 mg/L, für trockenen Weißwein bei 200 mg/L. Im Naturwein gibt es bisher keine festgelegte Höchstgrenze. Die meisten Restaurants, Shops (auch wir) und Messen der Szene schreiben allerdings einen Grenzwert von 50 mg/L vor. Damit enthalten Naturweine deutlich geringere Mengen an Sulfiten, die jedoch für eine mikrobielle Stabilität bei den meisten Weinen ausreichen – Voraussetzung ist stets eine gute Arbeit im Weinberg.

Ist Schwefel gesundheitsgefährdend?

Die Diskussion um eine von Schwefel ausgehende Gesundheitsgefahr ist wohl so alt wie die Anwendung von Schwefel selbst. Heute empfiehlt die WHO eine maximale Tagesmenge von 0,7 mg/kg Körpergewicht – hochgerechnet sollten wir demnach nicht mehr als eine halbe Flasche konventionellen Wein trinken. Da Naturwein deutlich unter den Schwefelgehalten der konventionellen Weine liegt, dürfte dementsprechend mehr Naturwein getrunken werden.

Generell müsst ihr euch beim Konsum von Weinen mit Sulfit, in aller Regel, keine Gedanken um gesundheitliche Gefahren machen. Die meisten unter uns können den Stoff unbedenklich abbauen und haben keine weiteren Probleme. Dennoch gibt es einen kleinen Kreis an Menschen, die eine Sulfit-Unverträglichkeit haben. Magenbeschwerden sowie Migräne können die Konsequenz sein. Auch Asthmatiker sollten beim Konsum aufpassen. So zeigten Studien, dass einige Asthmatiker leichte allergische Reaktionen beim Konsum von Schwefel bekommen können.

Wirklich gefährlich ist wohl nur der direkte Umgang mit SO2. So müssen Angestellte in der Kellerwirtschaft sehr vorsichtig mit der Substanz umgehen. Unsachgemäßer Gebrauch kann Verätzungen an Haut, Augen oder Atemwegen erzeugen. Auch die Lagerflaschen können bei Hitze explodieren. Es ist von daher immer etwas Vorsicht geboten beim Handhaben von Schwefel.

Wo kommt Schwefel in der Weinbereitung noch zum Einsatz?

Schwefel wird nicht nur direkt in der Weinbereitung zum oxidativen und mikrobiellen Schutz eingesetzt. SO2 wird auch allgemein zur Reinigung von Kellergeräten eingesetzt. Außerdem werden Fässer oftmals nach dem Entleeren mit SO2 konserviert – eine Technik, auf die auch Naturwein-Betriebe zurückgreifen. Dabei gelangt allerdings kein Schwefel aktiv in den Kontakt mit Wein und beeinflusst diesen.

Einen bedeutenden Einsatzbereich hat Schwefel vor allem außerhalb des Kellers. So leistet der Stoff einen wichtigen Beitrag zum Pflanzenschutz im ökologischen Weinbau. Die Wirkung von Netzschwefel wird demnach zur Vorbeugung der Verbreitung von Pilzen und Schädlingen genutzt bzw. zu deren Eliminierung. Kein biologisch oder biodynamisch arbeitendes Weingut kommt dabei um die Nutzung von Schwefel herum.

Vielleicht ist Schwefel auch deshalb ein sehr emotionales Thema in der Weinwelt. Viele verachten den Stoff, viele schätzen ihn. Am Ende muss ihn allerdings jeder ökologische Betrieb im Weinberg einsetzen.