A→Z
O
wie
wie
Orange Wein

Orange-Wein

Es ist der große Trend in der Naturwein-Szene. Überall ist Orange der neue Standard. In den Shops und auf den Weinkarten der Restaurants ist es zur fünften Kategorie neben Schaumwein, Rotwein, Weißwein und Rosé geworden. Immer mehr Menschen interessieren sich für den Wein mit der außergewöhnlichen Farbe und entdecken ein bis dato völlig ungewohntes Geschmackserlebnis. Aber warum leuchtet der Wein orange? Wie kommt so eine Farbe in den Wein? Orange-Wein ist der Newcomer und doch reicht seine Geschichte bis in die Anfänge der Weinherstellung.

Sprungbrett

Für die Herstellung von Orange-Wein werden durch eine Maischestandzeit weißer Trauben die Phenole aus der Beerenhaut in den Most gelöst. Diese Phenole enthalten Tannine (Gerbstoffe), Aromastoffe und Anthocyane (Farbstoffe), die maßgeblich die sensorische Wahrnehmung des Orange-Weines prägen. Der Wein enthält zumeist eine orangene Farbe, spürbar mehr Gerbstoffe als normaler Weißwein und zeichnet sich durch eine Intensivierung der Aromastoffe aus.

Wie kommt die Farbe in den Orange-Wein?

Orange-Wein ist letztendlich nichts anderes als ein Weißwein, der wie ein Rotwein ausgebaut wurde. Klingt verwirrend? Hier nochmal Schritt für Schritt: Für einen Orange-Wein werden zunächst weiße Trauben geerntet. Diese werden anschließend nicht sofort abgepresst, wie normalerweise bei einem Weißwein üblich, sondern erhalten vorher eine Maischestandzeit. Durch das Entfernen der Stielgerüste und ein leichtes Quetschen der Trauben entsteht die sogenannte Maische. Diese wird in ein Holzfass oder andere Gärgebinde gegeben, um dort zu Wein zu vergären. Ziel dieser Maischestandzeit – auch ‘Skin Contact’ – ist es, die phenolischen Verbindungen aus der Beerenhaut zu lösen und in dem Wein zu verankern. Dieser Vorgang ist ziemlich wichtig, denn die phenolischen Verbindungen geben dem Wein seine typisch orangene Farbe, intensive Gerbstoffe und erhöhen die Aromakomplexität.

Solltet ihr mal auf das Wort Anthocyane stoßen; genau das sind die phenolischen Verbindungen, die für die Farbintensität verantwortlich sind. Bei Weißwein ohne Maischestandzeit gelangen weniger Phenole in den Wein, da der Hauptanteil an Farb-, Aroma- und Gerbstoffen nicht im Saft der Beere, sondern vielmehr in der Beerenschale vorkommt. Konsequenz: Je länger die Skin Contact-Zeit, desto kräftiger die Farbe, Gerbstoffe und Aromatik. Erst wenn alle Phenole gelöst sind, verstärkt sich dahingehend nix mehr.

Achtung! Obwohl ‘Skin Contact’ oftmals mit Orange-Wein gleichgesetzt wird, bedeutet der Begriff allerdings nicht direkt, dass es sich um einen Orange-Wein handelt. Vielmehr ist damit die Maischestandzeit bei allen Ausbauvarianten gemeint. Ein Weißwein hat in aller Regel kaum Skin Contact. Roséwein nur für einen kurzen Zeitraum. Rotwein und Orange-Wein erhalten dagegen bis zu mehreren Wochen Skin Contact.

IMG 7153 2
Nach der Maischestandzeit wird die Maische aus dem Tank geschöpft

Orange-Wein ist nicht gleich Orange!

Da sich die Rebsorten recht stark in ihrer Ausstattung an Farb- und Inhaltsstoffen unterscheiden, variiert auch die Farbe jedes Orange-Weins. Aus einem Grauburgunder mit seiner typisch rot-gräulichen Beerenhaut entstehen Orange-Weine mit einer leicht rötlichen Farbe. Oftmals werden aber auch Rebsorten genutzt, die kaum Farbstoffe enthalten. Selbst nach längeren Maischestandzeiten entstehen dann Weine ohne stärkeren Farbton – trotzdem ein Orange-Wein.

Und, weil die Dinge noch nicht kompliziert genug sind: natürlich haben auch die einzelnen Winzer*innen selbst jeweils unterschiedliche Idealvorstellungen wie lang die Maischestandzeit ihrer Weine ausfallen sollte. Als Faustregel gilt: Je länger die Standzeit, desto farbintensiver, aromatischer und tanninreicher können die Weine werden.

Wie schmeckt ein Orange-Wein?

Eine Frage ohne einfache Antworten. Die Herstellung von Orange-Weinen ist in den letzten Jahren sehr vielfältig geworden. Denn je nach Rebsorte, Anbauregion und Ausbau im Keller können relativ leichte, aber auch sehr kräftige Orange-Weine entstehen. 

Grundsätzlich gilt: Orange-Weine weisen in aller Regel eine deutlich höhere Gerbstoffintensität auf als Weißweine ohne Maischestandzeit. Viele lässt die kräftige Tanninstruktur auf der Zunge quasi an einen Rotwein erinnern. Das Aroma der jeweiligen Rebsorte steigert sich bemerkenswert. 

Großen Einfluss auf den Geschmack haben auch die jeweiligen Gärgebinde. Ein Orange-Wein aus dem Holzfass rundet die Gerbstoffe etwas ab und bringt Aromen von Vanille oder getoastetem Brot in den Wein. Werden Amphoren eingesetzt, so schmeckt man deutlich schroffere Gerbstoffe und entdeckt Aromen wie Feuerstein.

Exzellente Orange-Weine

Geschichtlicher Hintergrund von Orange-Wein

Orange-Wein ist ein Newcomer im Weinregal – und doch ist die Herstellungsweise Jahrtausende alt. Schon bei den ersten von Menschen produzierten Weinen, wurden rote und weiße Trauben zusammen verarbeitet. Es entstanden Weine mit orangener bis bräunliche Farbe. Neueste Funde ergaben, dass es schon 8.000 Jahre v.Chr. Weinbau im heutigen Georgien gab. Zum Vergleich: die Pyramiden von Gizeh wurden erst 2.500 v.Chr. erbaut.

Bis heute steht Georgien für das Land des Orange-Weins. Seit Jahrtausenden werden hier wie selbstverständlich Weißweine mit langer Maischestandzeit hergestellt: Orange-Wein. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde diese traditionelle Herstellungsmethode von vielen Winzer*innen der Naturweinszene entdeckt und weltweit übernommen.

Ist Orange-Wein gleich ein Naturwein?

Achtung Verwechslungsgefahr – Orange-Wein ist nicht gleich Naturwein! Der Begriff ‚Naturwein’ steht primär für seine Philosophie der biologischen beziehungsweise biodynamischen Arbeitsweise im Weinberg und des Ausbaus im Keller ohne Eingriffe. Neben Rosé, Weiß- und Rotwein wird also auch Orange-Wein als Naturwein hergestellt.

Theoretisch könnte ein Orange-Wein auch als konventioneller Wein hergestellt werden. Es ist auch bei konventionellen Weingütern gängige Praxis, die Spitzen-Weißweine mit einigen Stunden Maischestandzeit zu versehen. Allerdings spricht man dann noch nicht von einem Orange-Wein. Denn obwohl die Begrifflichkeiten noch nicht rechtlich geregelt sind, spricht man in aller Regel von einem Orange-Wein, wenn der Wein komplett auf der Maische vergoren ist.